Typografie im WWW (I)

HTML

Im Gegensatz zur (typo-)grafischen Gestaltung von Printmedien sind die Möglichkeiten bei Websites relativ begrenzt; dies besonders, wenn nur HTML herangezogen wird. Diese HyperText Markup Language ist lediglich eine Seitenbeschreibungs»sprache«, die den Seitenbetrachter (neudeutsch: Browser) dazu veranlasst, vermittels der in ihm implementierten HTML-Codes das anzuzeigen, was im entspr. HTML-Dokument vermerkt ist - in geringem Umfang auch, wo und wie. Hinzu tritt für den HTML-Autoren das Problem, dass der Benutzer des Browsers in den Grundeinstellungen Parameter setzen kann, auf die er - der Autor - kaum Einfluss hat und die seine Bemühungen weitgehend zunichte machen können. Das betrifft z.B. die Art der gewählten Grundschrift und deren Größe/Schriftgrad. Denn hiervon hängt die Darstellung der Schrift im Browser ab. Hat der Benutzer etwa als Grundschriftgrad 12 Punkt bestimmt, so orientiert sich die gezeigte Größe der hierarchisch gegliederten Überschriften H1 bis H6 bzw. des Mengentextes FONT  SIZE=7 bis FONT  SIZE=1 an dieser Wahl (die dann als H3 bzw. SIZE=3 als Mittelwerten ca. bei 12 Punkt liegt).
Ist der Benutzer besonders unklug, legt er auch die Farbe des Textes, der Links und des Hintergrundes selbst fest und sorgt auch noch dafür, dass sie die Angaben im HTML-Dokument überschreiben! Und ein kaum zu bewältigendes Problem stellt die Bildschirm- bzw. Fenstergröße des Benutzers für den Web-Autoren dar, zumal wenn er die Textbreite nicht definiert: Dann nämlich macht der Browser die Zeilenbreite so wie die des Fensters und verdirbt damit jeden Zeilenumbruch.

Weitere HTML-Begrenzungen liegen darin, dass sich Text (und Überschriften) nur beschränkt formatieren oder auszeichnen lassen: Die Ausrichtung ist grundsätzlich linksbündig, daneben kann auch rechtsbündig und mittig/zentriert gewählt werden. Der Zeilenfall ist Rauhsatz (vulgo und falsch auch Flattersatz genannt). Blocksatz ist nur eingeschränkt möglich und nicht zu empfehlen: Denn der Internet Explorer begreift ihn - noch - nicht, und da die Browser keine Silbentrennung beherrschen, sieht das Schriftbild entsprechend miserabel aus). Eine manchmal wünschenswerte oder notwendige Modifikation der Laufweite (Abstände der Buchstaben/Zeichen und Wörter) ist nicht erzielbar. Die Wahl des Schriftschnittes ist ebenfalls sehr begrenzt, nämlich auf normal, gefettet und kursiv; Kapitälchen, Fettungsgrade, schmal-/weitlaufend und einiges mehr ist »nicht drin« (wenn man bedenkt, dass Schriften bis zu 21 »Garnituren«, also Auftrittsformen, haben können). Gleichermaßen sind Unterschneidungen und Ausgleichungen, d.h. oft nötige optische Abstandskorrekturen, nicht machbar.

Ein anderes, nicht eben leseförderndes, Problem bei HTML entsteht daraus, dass auf die Abstände zwischen Überschrift und Text, zwischen Absätzen und vor allem zwischen den Textzeilen (dem Durchschuss) kein Einfluss genommen werden kann. Diese bestimmt der Browser »selbstherrlich« in Orientierung an die H- und SIZE-Kategorien.

Bei der Wahl der verwendeten Schrift(en) schließlich muss der HTML-Autor vorsichtig sein und sich auf die gängigsten beschränken. Denn der Rechner des Benutzers kann natürlich nur die anzeigen, die bei ihm vorhanden/geladen sind. So nützt es nichts, einen »Exoten« in das HTML-Dokument einzubinden, bei dem die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass diese Schrift bei 99,9 Prozent der Benutzer nicht vorliegt. Und Ersatzschriften, auf die die Browser dann zurückgreifen, sind, was der Name schon sagt, aber meist keine günstige Lösung. Außergewöhnliche Schriftzüge, Logos usw. müssen daher als GIF-Illustrationen eingebunden werden. Zwar wird derzeit eine Technik entwickelt, mit deren Hilfe die vom Autor vorgesehenen Schriften nicht beim Benutzer vorliegen müssen, sondern mit dem Dokument temporär aus dem Netz geladen werden. Doch macht der sehr unterschiedliche Ansatz bei Netscape (Bitstream) und Microsoft (Web Embedding Fonts) die gute Idee eigentlich zunichte. Und anbetrachts der ständig wachsenden Verbindungs- und Download-Zeiten im WWW ist hier wohl ein Fragezeichen zur Effektivität des Ansatzes erlaubt.

CSS

Großes Aufatmen und eine erhebliche Erleichterung beim Umschiffen etlicher der oben benannten Probleme brachte die Einführung der Cascading Style Sheets (deutsch etwa: aufeinander aufbauende Formatvorlagen). Denn mit Hilfe dieser CSS kann der typografische Charakter der Schrift in erheblichem Maße bestimmt/definiert werden. Das reicht von der präzisen Bestimmung des erzeugten Schriftgrades über die Benennung der zu verwendenden Schrift (die natürlich weiterhin auf dem Rechner des Benutzers vorhanden sein muss) und Laufweiten bis hin zu Zeilenabständen und mikrotypografischen Feinheiten. Der Nachteil ist mal wieder, dass leider nicht alle Browser alle Formatierungen »akzeptieren«.

Beispiel: Der vorhergehende Absatz ist lediglich mit HTML, FONT  SIZE=3, definiert (allerdings - Vorführeffekt! - geht bei Netscape nun der im Dokument vordefinierte Zeilenabstand nicht raus). Es folgt derselbe Absatz, diesmal mit CSS formatiert (Schriftgrad 12 Punkt, Zeilenabstand 20 Punkt, Wortabstand 1 mm, Schriftart Arial):

Großes Aufatmen und eine erhebliche Erleichterung beim Umschiffen etlicher der oben benannten Probleme brachte die Einführung der Cascading Style Sheets (deutsch etwa: aufeinander aufbauende Formatvorlagen). Denn mit Hilfe dieser CSS kann der typografische Charakter der Schrift in erheblichem Maße bestimmt/definiert werden. Das reicht von der präzisen Bestimmung des erzeugten Schriftgrades über die Benennung der zu verwendenden Schrift (die natürlich weiterhin auf dem Rechner des Benutzers vorhanden sein muss) und Laufweiten bis hin zu Zeilenabständen und mikrotypografischen Feinheiten. Der Nachteil ist mal wieder, dass leider nicht alle Browser alle Formatierungen »akzeptieren«.

Und nochmals dieser Absatz mit anderen Parametern (Schriftgrad 10 Punkt, Zeilenabstand 14 Punkt, Schriftart Courier):

Großes Aufatmen und eine erhebliche Erleichterung beim Umschiffen etlicher der oben benannten Probleme brachte die Einführung der Cascading Style Sheets (deutsch etwa: aufeinander aufbauende Formatvorlagen). Denn mit Hilfe dieser CSS kann der typografische Charakter der Schrift in erheblichem Maße bestimmt/definiert werden. Das reicht von der präzisen Bestimmung des erzeugten Schriftgrades über die Benennung der zu verwendenden Schrift (die natürlich weiterhin auf dem Rechner des Benutzers vorhanden sein muss) und Laufweiten bis hin zu Zeilenabständen und mikrotypografischen Feinheiten. Der Nachteil ist mal wieder, dass leider nicht alle Browser alle Formatierungen »akzeptieren«.

Schriften

Bei gedruckter Schrift gilt, dass solche mit Serifen (das sind die »An- und Abstriche« an den Buchstaben) besser lesbar sind als serifenlose (auch Groteske genannt). Das liegt an der schreibschriftähnlichen Anmutung, die die einzelnen Buchstaben zu Gruppen, also Wörtern oder Wortgruppen, zusammenbindet. Dies wiederum unterstützt den physiologischen und intellektuellen Lesevorgang. Bei Grotesken erscheinen die Buchstaben hingegen wie Einzelgänger, die erst zusammengeführt werden müssen.
Das gilt nicht für Schriften auf dem Bildschirm. Denn dessen Auflösung in Pixel/Bildpunkte ist zu gering, so dass Feinheiten des Schriftbildes - wie eben Serifen - nicht, nicht ordentlich oder gar störend wiedergegeben werden. Die Bildschirmauflösung beträgt beim PC 96, beim Macintosh gar nur 72 dpi (dots per inch, Punkte pro Zoll), während schon bei Laser- und Tintendruckern mindestens 600 dpi üblich sind und eine professionelle Belichtungseinheit wie Linotronic nicht unter 1.200 anfängt und meist ein Mehrfaches davon leistet.
Der unbelehrbare Macianer, der den Explorer benutzt, sollte dann mindestens in den Voreinstellungen 72 statt 96 dpi wählen!
Da erwischt man dann auch gleich die arrogant-ignoranten Webdesigner die ja gar nicht ahnen können, dass es ausser ihrem PC auch noch richtige Computer gibt: Der Macianer sieht bei deren Absonderungen häufig Texte in Mikroschrift (klein »gesetzte« Passagen, die dann auf dem Mac-Bildschirm nochmals um ein gutes Drittel kleiner sind).

So sind für die Bildschirmdarstellung die serifenlosen Schriften (oder solche mit ganz starken) zunächst die günstigeren - jedenfalls bei kleineren Schriftgraden. Generell ab 18 Punkt (und ich denke, so wie hier mit der Times schon ab 12 [Angaben gelten für den Mac]) lassen sich durchaus Serifenschriften manierlich lesen. Am besten geeignet sind im übrigen Schriften, die eine wenig differenzierte Strichstärke aufweisen, eine recht offene und vereinfachte Zeichenform, eine große Laufweite und offen gehaltene Punzen (das sind die vom Schrift-/Buchstabenbild umschlossenen nicht druckenden Flächen). Inzwischen bieten etliche Hersteller derartige, eigens entwickelte Schriften wie die Andale Mono, die Trebuchet, die Verdana oder die Minion Web meist gratis im WWW an. Problem: Wer von der halben Milliarde Webnutzer weiss oder kümmert sich darum, so dass der Website-Autor wiederum im wesentlichen auf die meistverbreiteten, also die Systemschriften der Nutzer, angewiesen ist. Web-Schriften sind also nicht gleich Bildschirmschriften!
Für die Bildschirmdarstellung günstiger erweisen sich übrigens True-Type-Schriften gegenüber Postscript-Fonts, da erstere mit besseren »hintings« (das sind Optimierungen für die Darstellung am Monitor und die Ausgabe auf niedrig auflösenden Medien) ausgestattet sind. Doch auch hier gilt: Welcher stinknormale »user« hat und weiss das schon?! Und der soll ja angesprochen werden.

Um dem Elend keine Ende zu machen, tritt als weiterer Gesichtspunkt ein Faktor auf, den der Web-Autor (fast) nicht beeinflussen kann: Die Größe des Bildschirms beim Betrachter und vor allem die dort eingerichtete Bildschirmauflösung: Denn bei je gleicher Monitorgröße ist bspw. die Darstellung der Elemente einer Web-Seite auf dem Bildschirm bei 640 x 480 Pixeln annähernd doppelt so groß wie bei 1280 x 768, da bei letzterer ja »viel mehr Platz« ist und mehr gezeigt werden kann.
Man kann übrigens nicht genug predigen mit dem Hinweis, dass DIE »Schnittstelle« zwischen Mensch und Computer der Bildschirm ist und falsche Knauserigkeit beim Kauf teure persönliche und gesellschaftliche Spätfolgen unweigerlich nach sich zieht.

Tröstlich hingegen ist wieder, dass eine Web-Seite wie diese hier die Ausnahme ist/sein sollte, denn der Mensch will am Bildschirm keine Romane lesen, sondern sich rasch informieren und einen Überblick verschaffen. Zur Not wird solche Textmenge dann eben ausgedruckt und als »agrarisches Medium« rezipiert.

Siehe auch: Typografie im WWW (II) - Text und Fonts

sowie:

Unicode

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